Die Geschichte des Barryvox
09/2022
Die Geschichte der Lawinenverschüttetensuchgeräte (LVS) ist auch die Geschichte von Felix Meier. Der Elektroingenieur und Alpinist ist seit bald vier Jahrzehnten an ihrer Entwicklung beteiligt. Es gibt auf der Welt wohl kaum jemanden, der mehr über die Technik dieser Geräte weiss.
Wie das LVS-Gerät in die Schweiz kam
Felix Meier hat zwei grosse Hobbys: die Berge und die Arbeit als Ingenieur. "Und beide kann ich miteinander verbinden", sagt der Mann aus dem Zürcher Unterland. Ein Produkt dieser Verbindung ist das neue Barryvox® S. "Wir haben drei Jahre an der Entwicklung gearbeitet, waren nie zufrieden und wollten immer ein noch besseres Produkt", erzählt Meier. Er ist ein Tüftler und Erfinder, entwickelt nebenbei auch Apps und liebt Orchideen. Hört man ihm zu, hat man den Eindruck, dass er mindestens das halbe Leben in den Bergen verbracht hat. Als Bub mit seinem Vater, später beim Gebirgskader der Felddivision 6, als Tourenleiter beim SAC und in der Internationalen Kommission für alpines Rettungswesen (IKAR). Dabei hatte Meier immer auch mit Lawinen und ihren Gefahren zu tun und er ist wie ein wandelndes Lexikon, was die Entwicklung des LVS betrifft.
"Angefangen hat alles vor rund 50 Jahren. Der Amerikaner John Lawton kam in seinen Skiferien in Alta (Utah) in Kontakt mit amerikanischen Lawinenforschern und hatte die erste Idee." Das Gerät hiess Skadi und arbeitete auf der Frequenz von 2,275 Kilohertz, die maximale Reichweite war 25 m. 1968 wurde es im Lawinenforschungszentrum in Davos getestet, das die Armee auf diese neue Erfindung aufmerksam machte. "Daraufhin liess die Armee ein eigenes Gerät entwickeln – das legendäre Barryvox® VS-68 – es hatte mehr als die doppelte Reichweite", erzählt Meier, der im Winter 1972/73 die ersten Truppenversuche mit dem VS-68 miterlebte. Ab 1974 gelangte das Gerät auch in den Handel. Doch inzwischen kamen weitere Hersteller aus anderen Ländern auf den Markt. Doch weil sie mit unterschiedlichen Frequenzen arbeiteten, waren die Geräte untereinander nicht kompatibel – im Ernstfall eine Katastrophe. "Ich war damals in der Kommission, die eine einheitliche Frequenz für die Deutsche DIN-Norm bestimmen sollte – und bin fast verzweifelt. Endlich, nach etwa zwei jahren, war es so weit. Man einigte sich auf 457 Kilohertz, die Frequenz des VS-68, da diese eine grössere Reichweite ermöglichte."
"Das Barryvox S wird auf viele Jahre hinaus das Mass aller Dinge sein."
Es folgten weitere LVS-Modelle. Sie wurden leichter und hatten anstelle einer Antenne zunächst deren zwei, dann drei. Und jetzt – zehn Jahre nach der letzten Neuerung – ist das Barryvox® S da. Was unterscheidet es von früheren Geräten und warum hat seine Entwicklung so lange gedauert? "Es geht beim LVS vor allem um die Reinheit der empfangenen Signale. Darum wollten wir alle Störsignale – sowohl interne als auch externe – unterdrücken. Das tönt einfach, erfordert aber sehr lange Messreihen." Viel Zeit beanspruchte auch die Entwicklung des Gehäuses aus Kunststoff: "Wir brauchten minimale Toleranzen – es darf ja nicht sein, dass plötzlich der Ein-Aus-Schalter nicht mehr funktioniert. Darum benötigt die Produktion der Gehäuse Spezialwerkzeuge. Die wiederum mussten zunächst hergestellt werden." Lange haben die Entwickler an einem schwierigen Problem gearbeitet: das Trennen der einzelnen Signale bei Mehrfachverschüttungen. Das neue Gerät ist in der Lage, die Signale von allen Sendern gleich gut zu empfangen, unabhängig davon, wie weit sie entfernt sind, und so die Opfer sicher zu orten. Meier, der auf den Bergen der ganzen Welt unterwegs war, ist mit dem neuen Barryvox® S zufrieden. "Mit diesem Gerät sind wir an der Grenze des physikalisch Möglichen angelangt. Das Barryvox® S wird auf viele Jahre hinaus das Mass aller Dinge sein", sagt der Fachmann und fügt an: Ein LVS kann noch so gut sein. Wenn man es nicht im Schlaf und in allen möglichen und unmöglichen Situationen bedienen kann, nützt das beste Gerät nichts. Mein Rat darum: einen Kurs machen und dann jedes Jahr mehrmals üben, üben, üben."