Der Weg zur ersten Paralympionikin im Klettern
02/2025

@Nathan Betts
Nathan Betts
Hannah Morris
Im August 2024 trafen sich die Mammut Athletinnen Amruta Wyssman und Lucia Capovilla zusammen mit der Content Creatorin Hannah Morris Bouldering im schweizerischen Lausanne zum Bouldern, nach den Europameisterschaften. Dieses Treffen bot die perfekte Gelegenheit, um über die Herausforderungen des Parasports, Karriereziele und die aufregende Zukunft des Parakletterns im Vorfeld der ersten Paralympischen Spiele in LA 2028 zu sprechen.
Der Weg zur ersten Paralympionikin im Klettern mit Amruta und Lucia
Amruta und Lucia wurden beide ohne linken Unterarm geboren, was sie in die AU2-Kategorie des Parakletterns einordnet. Obwohl beide auf der Weltcup-Bühne antreten, war das nicht immer der Fall.
Für die 31-jährige Lucia aus Venedig begann das Klettern im Alter von 18 Jahren und wurde schnell zu einer Leidenschaft, die von der Liebe zur Bewegung und zur Herausforderung angetrieben wurde.
«Mein Körper bewegt sich mit Flow, das ist wie Tanzen. Ich liebe das Klettern, weil sowohl Muskeln als auch Geist gleichermassen wichtig sind», beschreibt Lucia. Seit ihrem ersten Wettkampf 2015 ist sie immer wieder auf dem Podium gelandet, zuletzt mit dem Sieg beim Weltcup in Arco. Wenn man mit Lucia klettert, merkt man, dass sie von einer grossen Leidenschaft für den Sport angetrieben wird und weder im Training noch im Wettkampf halbe Sachen macht.
Amruta, die 32-jährige Schweizerin, die 2018 mit dem Klettern begonnen hat, beschreibt ihren Weg mit Bescheidenheit, obwohl ihre schnelle Entwicklung aussergewöhnlich ist. Innerhalb von vier Jahren stieg sie von einer absoluten Anfängerin zur Vertreterin der Schweiz auf der Weltbühne auf.
Das bedeutet mir alles! Klettern ist für mich mehr als nur ein Sport. Klettern ermöglicht es mir, ständig über mich hinauszuwachsen. Mein Motto ist: Ich kann es, weil ich es will."
Barrieren überwinden
Beide Klettererinnen betonten die besonderen Herausforderungen, mit denen Para-Athletinnen und -Athleten konfrontiert sind, insbesondere in einem so anspruchsvollen Sport wie dem Klettern. Probleme zu lösen ist ein fester Bestandteil der Sportart, und für Amruta und Lucia bedeutet dies oft, dass sie alternative Betas und Strategien entwickeln müssen, um die Routen in der Halle und die Wettkampfsaufgaben zu bewältigen.
Auch die Angst spielt eine wichtige Rolle. Amruta gibt zu: «Ich habe immer noch Angst vor dem Fallen.» Anstatt jedoch die Angst als Schwäche zu betrachten, sieht sie sie als Hürde, die es zu überwinden gilt, und als Erinnerung daran, dass Scheitern beim Klettern nicht nur unvermeidlich, sondern auch notwendig ist, um zu wachsen.
Die Zukunft des Parakletterns
Trotz ihrer beeindruckenden Leistungen sehen sich beide Athletinnen mit der Tatsache konfrontiert, dass die professionelle Unterstützung für Para-Sportlerinnen und -Sportler begrenzt ist. Um besser trainieren zu können, verzichtet Lucia zum Beispiel auf einen festen Wohnsitz und lebt nun in ihrem Van in Arco. Amruta jongliert ihre Kletterkarriere mit einem anspruchsvollen Arbeitsalltag.
Die Paralympics stehen vor der Tür, und bald wird die Welt Zeuge der unglaublichen Leistungen von Parakletterern auf der grössten aller Bühnen.
Die Aufnahme von Paraklettern in die Paralympischen Spiele 2028 in LA ist ein entscheidender Moment für den Sport. Eine bessere Sichtbarkeit und Unterstützung könnte die Kluft zwischen Para-Athlet:innen und nicht Para-Athlet:innen überbrücken und zu besseren Einrichtungen, Sponsoren und Trainingsmöglichkeiten beitragen. Es bleibt jedoch die Frage offen, welche Wettkampfkategorien einbezogen werden – eine Herausforderung, die an die anfänglichen Schwierigkeiten beim Debüt des Kletterns bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio erinnert.



LA2028 und das Debüt des Parakletterns bei den Paralympics
Die Ankündigung, dass Paraklettern bei den Paralympics 2028 in LA dabei sein wird, verheisst Gutes für die Professionalisierung des Parasports. Dies könnte den Sport noch schneller voranbringen – mit mehr Zeit zum Trainieren und Erholen, besseren Unterstützungsteams und mehr Anreizen, um anzufangen. Wie auch Lucia und Amruta hoffe ich, dass das paralympische Rampenlicht dazu beitragen wird, mehr Chancen für das Paraklettern zu schaffen.
Der Geist des Kletterns
Die Zeit, die ich mit Amruta und Lucia verbracht habe, hat mir gezeigt, welch tiefgreifende Erkenntnisse das Klettern vermitteln kann. Es geht nicht nur um Medaillen oder internationale Erfolge, sondern um Belastbarkeit, Gemeinschaft und die Freude daran, Hindernisse zu überwinden. Die beiden dabei zu beobachten, wie sie zusammenarbeiten, selbst als Konkurrentinnen, hat mich an den einzigartigen Geist des Kletterns erinnert: ein Sport, der von geteiltem Wissen und gegenseitiger Ermutigung lebt.
Ihr Engagement zu zeigen, dass Klettern etwas für alle ist – unabhängig von körperlichen Unterschieden – ist eine starke Botschaft. «Natürlich ist es möglich», betonten beide und spiegeln damit den Kerngedanken des Kletterns wider und inspirieren andere, Herausforderungen mit einer positiven Einstellung anzugehen.
Einen Tag lang sprachen wir mit Lucia und Amy über ihre Karrieren. Es war sehr ermutigend zu sehen, wie sehr die tiefe Liebe zum Klettern und die Lektionen, die es uns lehrt, ihre Wettkampfziele untermauern. Medaillen, Auszeichnungen und olympische Erfolge sind ein Teil des Wettkampfkletterns. Doch die Geschichte von Amruta und Lucia zeigt, dass der persönliche Wert, der aus ihrer Hingabe an ein tieferes Ziel entsteht, noch bedeutender ist.
Es war motivierend zu hören, wie sehr sich Amruta und Lucia dafür einsetzen, sich selbst und anderen zu zeigen, dass Klettern wirklich für alle möglich ist und dass die Zugangsbarrieren überwunden werden können; diese Überzeugung ist das Herzstück unseres Sports.
Nochmals vielen Dank an Mammut und an Amruta und Lucia, dass sie uns geholfen haben, dieses Projekt Wirklichkeit werden zu lassen.